Zeitzeugin Elke Schlegel berichtet über ihre DDR-Erfahrung

Elke Schlegel, eine DDR-Zeitzeugin, berichtet am 01.03.2024 in der St.Stephanus -Realschule-plus Nachtsheim auf sehr emotional Weise über ihre Erfahrungen mit der kommunistischen Diktatur in der Deutschen Demokratischen Republik.

In Jena geboren und aufgewachsen, absolvierte Frau Schlegel eine Ausbildung als Hotelfachfrau und wollte die Welt entdecken. In der sogenannten “Jugendweihe” prophezeite man ihr dies, doch in Wirklichkeit sah es anders aus und das Leben im Osten wurde für sie unerträglich, da es keine Freiheiten wie im Westen gab.

Seit Anfang der 80er Jahre stellte sie zusammen mit ihr späteren Ehemann mehrfach Ausreiseanträge in den Westen. Um die Bewilligung ihres Antrages zu beschleunigen, demonstrierten sie regelmäßig mit Regime-Gegnern des „Weißen Kreises“. Nach der Einreichung des Ausreiseantrags spürten Frau Schlegel, ihr Freund sowie ihr kleiner Sohn am eigenen Leibe, was die DDR unter „Zersetzungsmaßnahmen“ verstand: Sie wurde arbeitslos, da sie politisch nicht mehr tragbar war; ihr Sohn wurde in der Kinderkrippe von den Erzieherinnen stark vernachlässigt. Spätestens jetzt war Elke Schlegel klar, dass ein Verbleiben in der Deutschen Demokratischen Republik keine Option mehr war. Überraschenderweise wurde die Ausreise 1983 genehmigt, doch dann wurde sie von ihrem eigenen Bruder verhaftet und wegen „Versuchter Republikflucht“ zu 18 Monaten Haft im Frauengefängnis Hoheneck verurteilt. Ihr Sohn kam zu ihrer Mutter und ab Zeitpunkt aus war der Kontakt zu ihm unmöglich. Die Bedingungen in diesem „Frauenzuchthaus“ waren menschenverachtend: Die Häftlinge erfuhren körperliche wie seelische Gewalt, die die Betroffenen bis heute verfolgt. Schließlich wurde Elke Schlegel wegen Unterernährung von der Bundesrepublik freigekauft. Ein Jahr später durfte ihr Sohn nachkommen. Heute lebt sie in Koblenz und steht rheinland-pfälzischen Schulen als Zeitzeugin über das DDR-Zeitzeugenportal (www.ddr-zeitzeuge.de oder www.zeitzeugenbuero.de) zur Verfügung. Somit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und zur Demokratisierung unserer Jugend. 

Wir danken dem Zeitzeugenbüro, das die Koordination übernommen hat, und Frau Schlegel ganz herzlich für ihr Kommen und ihre Bereitschaft, offen mit uns über ihre Vergangenheit und deren Auswirkungen auf ihre Gegenwart zu sprechen. Dank ihrer Berichterstattung und der anschließenden Fragerunde ist den SchülerInnen der Klassen 9b, 10a und 10b besonders ausdrücklich vor Augen geführt worden, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Diese Veranstaltung wird allen sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben!